Wer mit den Ängsten von Eltern spielt, hat in der Politik nichts verloren!

Der häusliche Unterricht unterliegt keiner gesetzlichen Beschränkung. Jeder kann Kinder unterrichten. Jeder. Klar. Kann ja auch jeder ein Haus bauen, ein Auto reparieren, ein Computerprogramm schreiben, Origami basteln und Marathons laufen. Oder doch nicht? Da war da noch etwas – ach ja: Ausbildung, Erfahrung, Interesse und Können. Das braucht es auch um ein Haus zu bauen, ein Auto zu reparieren, … aber offensichtlich braucht es keine Qualifikation für den Heimunterricht. 
Es braucht nur Angst. Verständliche, nachvollziehbare Angst. Egal wie sehr sich die Bundesregierung bemüht Corona zu ignorieren oder für beendet zu erklären – unsere Realität hat wenig mit der Welt zu tun, in der sich Kurz & Co bewegen. Alles gut, solange wir Afghanen abschieben. Aber Vorbereitungen für den Schulstart? Fehlanzeige! Sommer für den Herbst genutzt – nein. Also wieder Augen zu und durch. 
Vielen Eltern reicht das nicht mehr. Viele Eltern fragen sich wie ihr Kind geschützt werden kann und wie sie ihre Familie sicher durch diese Pandemie bringen. Dann kommt die FPÖ. Die spricht von „Regime“, „Diktatur“ und empfiehlt Bitterstoffe gegen das Coronavirus. 
Jetzt einmal ernsthaft gefragt – glaubt irgendjemand, dass die FPÖ sich wirklich um die Menschen in Österreich sorgt? Oder sorgt sich die FPÖ hauptsächlich um sich selbst? Nach dem türkis-blauen Fiasko, dem Ibiza-Skandal, H. C. Straches Dauerabo vor dem Kadi und einem Norbert Hofer der nicht mehr mit Herbert Kickl reden will, sollte die FPÖ sich um sich Sorgen machen. Kurz sammelt alles was rechts der Mitte ist für sich ein – also welche Daseinsberechtigung hat diese Partei noch? 
Richtig, sie bedient Ängste, schürt Wut und verkürzt Fakten auf Schlagzeilen. Es ist ein zähes Ringen ums politische Überleben – und Opfer sind die Österreicher*innen, die der Bundesregierung nach zwei Jahren Missmanagement nichts mehr glauben – können – und sich in ihrer Verzweiflung nach einer Alternative umschauen. 
Die gibt es – aber Heimunterricht ist es nicht. Heimunterricht ist keine Lösung. Heimunterricht hat nichts mit Homeschooling zu tun. Keine Bücher, kein Programm, keine Lerninhalte. Kann es funktionieren? Sicher – wenn das Ziel das formale Bestehen einer externen Prüfung ist. 
Ich verstehe die Eltern, die sich Sorgen machen. Aber ich habe kein Verständnis für Politiker*innen die Ängste völlig verantwortungslos schüren und anstacheln, aus reinem politischen Kalkül. Die FPÖ schlägt mit wilden Anschuldigen, Vermutungen und Mutmaßungen um sich, aber hat sie auch Lösungen?
Mein Appell für den Schulbesuch ist nicht pädagogisch begründet, nicht soziologisch und schon gar nicht politisch – sondern rein persönlich. Mein Appell sind wichtige Erinnerungen, die viele Menschen teilen werden: Ich habe in der Schule Freundschaften geschlossen, die bis heute halten. Ich habe mich in der Schule das erste Mal verliebt und war wahnsinnig stolz auf meine erste Klassenbucheintragung für Fehlverhalten während des Unterrichts. 
Heimunterricht? Ich hätte so viel nicht erlebt, das nicht am Stundenplan steht, aber es waren Erfahrungen die mich geprägt und geformt haben. Auf die ich nicht verzichten möchte, die ich auch meinen Kindern nicht vorenthalten möchte. 
Stefan Sandrieser, 16.9.2021
Abgeordneter zum Kärntner Landtag, Vorsitzender des Zentralausschusses für allgemeinbildende Pflichtschulen in Kärnten, Lehrer und Vater